In
den westlichen Ländern ist das Interesse am Buddhismus, seit
vielen Jahren ungebrochen hoch. Dabei geht es vielen Menschen nicht
darum, Buddhisten zu werden oder gar Erleuchtung zu erlangen, sondern
zunächst darum, besser mit ihrem Leben zurecht-zukommen und
mit den Problemen des Alltags umgehen zu können. Sie haben
das Nahziel vor Augen, ihren Geist zur Ruhe zu bringen, Gelassenheit
und Zufriedenheit zu entwickeln und achtsam mit ihren Mitmenschen
und ihrer Umwelt umzugehen. Dieses Nahziel ist aber eine grundlegende
Voraussetzung zur Erlangung der Erleuchtung, des Fernziels aller
Buddhisten. Und wer erst einmal anstrebt, anständig und gut
durch den Alltag zu kommen, der hat sich schon ein realistisches
Nahziel gesteckt.
Deshalb
lehrt Buddha, dass der Weg zum inneren Frieden und zur Ausgeglichenheit
auf Sittlichkeit (Ethik) basiert. Wir können nicht inneren
Frieden erlangen, wenn wir auf Kosten anderer leben. Sind wir
aber in der Erkenntnis dessen, was für uns und für andere
"gut und heilsam" ist, sowie durch Einsicht gestärkt,
dann können wir unseren Geist in Meditation üben. Buddha
lehrte, dass nur aus einem gesammelten Geist befreiende Einsicht
und Erkenntnis (Weisheit) entstehen kann. In diesem Dreischritt
von Ethik, Meditation und Erkenntnis-Weisheit liegt der von Buddha
gewiesene Weg zur Befreiung, die er als Nirwana, das Verlöschen
des Leidens und der Unzufriedenheit, bezeichnet.
Unter
den großen Weltreligionen zählen Judentum, Christentum
und Islam zu den "abrahamistischen Religionen", die
sich auf einen Stammvater und Patriarchen namens Abraham zurückführen.
Sie verehren einen einzigen Schöpfergott, der eine ausschließliche
Gefolgschaft fordert: "Du sollst keinen anderen Gott neben
mir haben"". Das macht sie zu monotheistischen Religionen.
Buddha
akzeptierte keine dieser Ansichten. Er lehrte ein "nicht-theistisches
System", das zwar die Existenz göttlicher (himmlischer)
Wesen anerkennt, jedoch keinen unsterblichen Schöpfergott
und keinen Erlösungsweg, der auf göttlicher Intervention
beruht. Götter haben nach den Darlegungen Buddhas zwar eine
sehr lange Existenz, sind aber sterblich, da auch sie dem Kreislauf
der Wieder-geburten unterworfen sind. Buddha stellte den eigenver-antwortlichen
Menschen und seine ihm eigenen Fähigkeiten in den Mittelpunkt
seiner Lehre. Er zeigte einen Weg der Geistes- und Herzens-schulung,
auf dem sich der Buddhist in Ethik, Meditation und Erkenntnis
übt und aus eigener Kraft zur Erleuchtung, zur Erlösung
von allen Leiden strebt.
Im
Buddhismus gibt es keine Glaubenssätze, die aufgrund einer
(göttlichen) Offenbarung als unumstößliche Wahrheiten
anzuerkennen sind. Die von Buddha verkündeten Lehren sind
vielmehr dessen Erkenntnisse, die der Buddhist nur vorläufig
mit Vertrauen auf Buddha akzeptieren soll, um sie später
durch die eigene Erkenntnis in meditativer und analytischer Anschauung
bestätigt zu finden. Buddha wandte sich also nicht an die
emotionalen Glaubenskräfte des Menschen, sondern an die Erkenntnisfähigkeit
seiner Schüler.
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